Bertolt Brecht: Leben des Galilei
1616. Das Collegium Romanum, Forschungsinstitut des Vatikans, bestätigt Galileis Entdeckungen.
Das hat die Welt nicht oft gesehn
Daß Lehrer selbst ans Lernen gehn.
Clavius, der Gottesknecht
Gab dem Galilei recht.
Saal des Collegium Romanum in Rom. Es ist Nacht. Hohe Geistliche, Mönche, Gelehrte in Gruppen. An der Seite allein Galilei. Es herrscht große Ausgelassenheit.
…
Der Philosoph: Wenn man es ihnen erlaubt, zertrümmern sie uns noch den ganzen Sternenhimmel.
Der erste Astronom: Ja, wohin kommt man! Fünf Jahre später bestimmt der Däne Tycho Brahe die Bahn eines Kometen. Sie begann oberhalb des Mondes und durchbrach, eine nach der andern, alle Kugelschalen der Sphären, der materiellen Träger der bewegten Himmelskörper! Er trifft keinen Widerstand, er erfährt keine Ablenkung* seines Lichts. Soll man also fragen: wo sind die Sphären?
Der Philosoph: Das ist doch ausgeschlossen! Wie kann Christopher Clavius, der größte Astronom Italiens und der Kirche, so etwas überhaupt untersuchen!
Der dicke Prälat: Skandal!
Der erste Astronom: Er untersucht aber! Er sitzt drinnen und glotzt durch dieses Teufelsrohr!
Der zweite Astronom: Principiis obsta!
Alles fing damit an, daß wir so vieles, die Länge des Sonnenjahres, die Daten der Sonnen- und Mondfinsternis, die Stellungen der Himmelskörper seit Jahr und Tag nach den Tafeln des Kopernikus berechnen, der ein Ketzer* ist.
Ein Mönch: Ich frage: was ist besser, eine Mondfinsternis drei Tage später als im Kalender steht zu erleben oder die ewige Seligkeit niemals?
Ein sehr dünner Mönch kommt mit einer aufgeschlagenen Bibel nach vorn, fanatisch den Finger auf eine Stelle stoßend:
Was steht hier in der Schrift? «Sonne, steh still zu Gibeon und Mond im Tale Ajalon!»
Wie kann die Sonne stillstehen, wenn sie sich überhaupt nicht dreht, wie diese Ketzer behaupten? Lügt die Schrift?
Der erste Astronom: Nein, und darum gehen wir.
Der zweite Astronom: Es gibt Erscheinungen, die uns Astronomen Schwierigkeiten bereiten, aber muß der Mensch alles verstehen?
Beide ab.
Der sehr dünne Mönch: Die Heimat des Menschengeschlechts setzen sie einem Wandelstern gleich. Mensch, Tier, Pflanze und Erdreich verpacken sie auf einen Karren und treiben ihn im Kreis durch einen leeren Himmel.
Erde und Himmel gibt es nicht mehr nach diesen. Die Erde nicht, weil sie ein Gestirn des Himmels ist, und den Himmel nicht, weil er aus Erden besteht. Da ist kein Unterschied mehr zwischen Oben und Unten, zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen.
Daß wir vergehen*, das wissen wir. Daß auch der Himmel vergeht, das sagen sie uns jetzt. Sonne, Mond und Sterne und wir leben auf der Erde, hat es geheißen und steht es geschrieben; aber jetzt ist auch die Erde ein Stern nach diesem da.
Es gibt nur Sterne! Wir werden den Tag erleben, wo sie sagen: Es gibt auch nicht Mensch und Tier, der Mensch selber ist ein Tier, es gibt nur Tiere!
Ablenkung die – отклонение;
Ketzer die – еретик;
vergehen – прекращаться;
1616 год. «Коллегиум Романум» — исследовательский институт Ватикана подтверждает открытие Галилея
Не часто услышишь о диве таком,
Чтоб учитель назвался учеником.
Великий Клавиус — божий раб
Признал, что Галилей был прав.
Зал «Коллегиума» в Риме. Группами расположились высокие духовные сановники, монахи, ученые. В стороне одинокий Галилей. Царит величайшая непринужденность.
Философ. Если им позволить, они разрушат все наше звездное небо.
Первый астроном. До чего мы дойдем? Пять лет спустя датчанин Тихо Браге определил путь кометы. Этот путь начинался над Луной и пробивал одну за другой все сферические опоры — материальные носители подвижных небесных тел! Комета не встречала никакого сопротивления, не испытывала никаких отклонений света. Что ж, значит, мы должны были бы спросить: где сферы?
Философ. Это исключено! И как только может сам Кристофер Клавиус, величайший астроном Италии и церкви, вообще даже рассматривать нечто подобное?
Прелат. Позор! Первый астроном. И тем не менее он исследует! Он сидит там и глазеет в эту дьявольскую трубу!
Второй астроном. Principiis obsta! {Нарушены принципы! (лат.).} Все началось с того, что мы уже давно стали вычислять долготу солнечного года, дни солнечных и лунных затмений и положение небесных тел по таблицам этого Коперника, а он — еретик.
Первый монах. А я спрашиваю, что лучше? Увидеть лунное затмение на три дня позже, чем предсказано в календаре, или навеки погубить душу?
Очень тощий монах (выходит на авансцену, держа в руках раскрытую Библию, фанатически тычет пальцем в страницу). Что сказано здесь, в писании? «Стой, солнце, над Гаваоном и луна — над долиною Ахалонскою».
Как же может Солнце остановиться, если оно вообще не движется, как утверждают эти еретики? Разве писание лжет?
Второй астроном. Есть явления, которые нам, астрономам, трудно объяснить, но разве человек должен все понимать?
Оба астронома уходят.
Очень тощий монах. Родину человечества они приравнивают к блуждающей звезде. Людей, животных, растения, целые страны они погружают на тачку, которую гоняют по кругу в пустых небесах.
Для них больше нет ни Земли, ни неба. Нет Земли потому, что она только небесное тело, и нет неба потому, что оно состоит из многих земель. И, значит, нет уже различия между верхом и низом, между вечным и бренным.
Что мы бренны, мы это знаем. Но они говорят нам теперь, что и небо тоже бренно. Сказано было и записано так: есть Солнце, есть Луна, есть звезды, а мы живем на Земле.
А теперь, по-ихнему, и Земля — это звезда. Нет ничего, кроме звезд! Мы еще доживем до того, что они скажут: мет различия между человеком и животным, человек тоже только животное; нет ничего, кроме животных!
***
Eintritt ein sehr alter Kardinal, von einem Mönch gestützt. Man macht ihm ehrerbietig Platz.
Der sehr alte Kardinal: Sind Sie immer noch drinnen? Können sie mit dieser Kleinigkeit wirklich nicht schneller fertig werden? Dieser Clavius sollte doch seine Astronomie verstehen!
Ich höre, dieser Herr Galilei versetzt den Menschen aus dem Mittelpunkt des Weltalls irgendwohin an den Rand. Er ist folglich deutlich ein Feind des Menschengeschlechts! Als solcher muß er behandelt werden.
Der Mensch ist die Krone der Schöpfung, das weiß jedes Kind, Gottes höchstes und geliebtestes Geschöpf.
Wie könnte er es, ein solches Wunderwerk, eine solche Anstrengung, auf ein kleines, abseitiges und immerfort weglaufendes Gestirnlein setzen? Würde er so wohin seinen Sohn schicken? Wie kann es Leute geben, so pervers*, daß sie diesen Sklaven ihrer Rechentafeln Glauben schenken*! Welches Geschöpf Gottes wird sich so etwas gefallen lassen?
Der dicke Prälat halblaut: Der Herr ist anwesend.
Der sehr alte cardinal zu Galilei: So, sind Sie das? Wissen Sie, ich sehe nicht mehr allzu gut, aber das sehe ich doch, daß Sie diesem Menschen, den wir seinerzeit verbrannt haben – wie hieß er doch? – auffallend* gleichen.
Der Mönch: Eure Eminenz sollten sich nicht aufregen. Der Arzt . . .
Der sehr alte Kardinal schüttelt ihn ab, zu Galilei: Sie wollen die Erde erniedrigen, obwohl Sie auf ihr leben und alles von ihr empfangen*. Sie beschmutzen Ihr eigenes Nest*! Aber ich jedenfalls lasse es mir nicht gefallen.
Er stößt den Mönch zurück und beginnt stolz auf und ab zu schreiten*.
Ich bin nicht irgendein Wesen auf irgendeinem Gestirnchen, das für kurze Zeit irgendwo kreist. Ich gehe auf einer festen Erde, in sicherem Schritt, sie ruht, sie ist der Mittelpunkt des Alls, ich bin im Mittelpunkt, und das Auge des Schöpfers ruht auf mir und auf mir allein. Um mich kreisen, fixiert an acht kristallene Schalen, die Fixsterne und die gewaltige Sonne, die geschaffen ist, meine Umgebung* zu beleuchten.
Und auch mich, damit Gott mich sieht. So kommt sichtbar und unwiderleglich* alles an auf mich, den Menschen, die Anstrengung Gottes, das Geschöpf in der Mitte, das Ebenbild* Gottes, unvergänglich und . . .
Er sinkt* zusammen.
In diesem Augenblick öffnet sich die Tür hinten, und an der Spitze seiner Astronomen kommt der große Clavius herein. Er durchschreitet schweigend und schnell, ohne zur Seite zu blicken, den Saal und spricht, schon am Ausgang, zu einem Mönch hin.
Clavius: Es stimmt.
Er geht ab, gefolgt von den Astronomen. Die Tür hinten bleibt offenstehen. Totenstille.
…
Der kleine Mönch verstohlen: Herr Galilei, Pater Clavius sagte, bevor er wegging: Jetzt können die Theologen sehen, wie sie die Himmelskreise wieder einrenken*! Sie haben gesiegt. Ab.
Galilei sucht ihn zurückzuhalten: Sie hat gesiegt! Nicht ich, die Vernunft hat gesiegt!
pervers – извращенный;
schenken – даровать;
auffallend — бросающийся в глаза, разительный;
empfangen – принимать;
Nest das — родимый дом, гнездо;
schreiten – шагать;
Umgebung der – окрестность;
unwiderleglich – неопровержимо;
Ebenbild das – образ;
sinken — погружаться
einrenken – ставить на место.
Входит очень старый кардинал, опираясь на монаха. Перед ним почтительно расступаются.
Кардинал. Они все еще там? Неужели они действительно не могут побыстрее управиться с такой мелочью? Клавиус-то должен ведь разбираться в своей астрономии!
Я слышал, что этот господин Галилей перемещает человечество из центра вселенной куда-то на край. Следовательно, он, совершенно очевидно, враг человеческого рода. И как с таковым с ним и следует поступать.
Человек — венец творения; это известно каждому ребенку. Человек самое совершенное и самое любимое творение господа. Разве стал бы господь помещать такое дивное творение, плод таких чудотворных усилий на какую-то мелкую, побочную и все время куда-то убегающую звездочку? Стал бы он посылать своего, сына куда попало! И как могут быть люди настолько развращены, чтобы верить этим жалким рабам своих расчетных таблиц? Какое божье творение допустит это?
Прелат (вполголоса). Этот господин здесь присутствует.
Кардинал (Галилею). Вот как, значит, это вы? Я уже не слишком хорошо вижу, но все же я замечаю, что вы очень похожи на того человека — как там его звали? — которого мы в свое время сожгли.
Монах. Вашему преосвященству не следует волноваться. Врач…
Кардинал (отталкивает его, Галилею). Вы пытаетесь унизить Землю, хотя вы на ней живете и все от нее получаете. Вы гадите в свое гнездо. Но уж я ни в коем случае не допущу этого. (Отталкивает монаха и начинает гордо расхаживать взад и вперед.)
Я не какое-то существо на какой-то звездочке, которая короткое время где-то там вертится. Я ступаю по твердой земле, я шагаю уверенно, Земля неподвижна, она — средоточие вселенной, я нахожусь в этом средоточии, и взор творца почиет на мне, и только на мне. Вокруг меня вращаются закрепленные на кристаллических сферах неподвижные звезды и могучее Солнце, созданное для того, чтобы освещать все, что есть в моем мире.
А также и меня, чтобы господь меня видел. И так явственно и неопровержимо все сосредоточено вокруг меня, вокруг человека, ибо человек — это плод господнего усилия, творение, обретающееся в центре мироздания, образ и подобие божье, непреходящее и… (Шатается, теряет сознание.)
В это мгновение растворяется дверь в глубине сцены; во главе группы астрономов выходит великий Клавиус. Он проходит быстро и молча, не оглядываясь по сторонам, через зал и уже у выхода говорит, обращаясь к одному из монахов.
Клавиус. Все правильно! (Уходит, сопровождаемый астрономами.)
Дверь в глубине сцены остается открытой. Мертвая тишина.
…
Маленький монах (шепотом). Господин Галилей, патер Клавиус, перед тем как уйти, сказал: пусть теперь теологи позаботятся о том, чтобы снова вправить небесные круги. Итак, победа ваша. (Идет к выходу.)
Галилей (пытаясь задержать его). Моя? Нет! Это победа разума!