Joseph Roth. Hotel Savoy
Abel Glanz verkehrt seit Jahre in Phöbus Böhlaugs Hause, er ist einer jener ständigen Teegäste, an denen die wohlhabenden Häuser der Stadt zugrunde zu gehn fürchten und die sie abzuschaffen niemals den Mut finden.
— Trinken Sie ihren Tee, — sagte Phöbus Böhlaug.
— Nein, danke! — sagt Abel Glanz, — ich bin mit Tee gefüllte in Samowar. Das ist schon der vierte Tee, den ich ablehnen* muss, Herr Böhlaug. Ich trinke, seitdem ich das Besteck fortgelegt habe, fortwährend Tee. Nötigen Sie mich nicht, Herr Böhlaug!
Böhlaug lässt sich nicht bekehren:
— So einen guten Tee haben Sie in Ihren ganzen Leben nicht getrunken, Glanz.
— Aber was denken Sie, Herr Böhlaug! Ich war einmal bei der Fürstin Basikoff geladen. Herr Böhlaug, vergessen Sie das nicht! — sagt Abel Glanz, — so drohend, wie es ihm möglich ist.
— Und ich sage Ihnen, selbst die Fürstin Basikoff hat so einen Tee nicht getrunken, fragen sie meinen Sohn, ob man in ganz Paris so einen Tee bekommt!
— So meinen Sie? – sagt Abel Glanz und tut, als ob er überlegte. — Dann kann man ja kosten, kosten kann niemals schaden.
Und rückt mit seinem Stuhl in die Nähe des Samowars…
…
— Siehst du, Glanz macht ganz gute Geschäffte, sagt Onkel Phöbus.
— Wie für Geschäffte?
— Mit Valuta, — sagt Phöbus Böhlaug, gefährlich ist es, aber sicher. Es ist eine Glücksache. Wenn eine keine glückliche Hand hat, soll er nicht anfangen. Aber wenn einer Glück hat, kann er in zwei Tagen Millionär sein.
— Onkel, — sagte ich, — warum handeln Sie nicht mit Valuta?
— Gott behüte, — schreit Phöbus, — mit der Polizei will ich nichts zu tun haben! Wenn man gar nichts hat, handelt man mit Valuta.
— Phöbus Böhlaug soll mit Valuta handeln? – fragt Abel Glanz. Und diese Frage kommt aus tiefer Empörung*.
— Es ist nicht leicht, mit Valuta zu handeln, — sagt Abel Glanz. – Man setzt sein Leben aufs Spiel – es ist ein jüdisches Schicksal. Man läuft den ganzen Tag herum. Brauchten Sie rumänische Leis, bietet Ihnen jeder Schweizer Franken. Brauchten Sie Schweizer Franken, gibt ihnen jeder Leis.
Es ist eine verzauberte Geschichte. Ihr Onkel sagt, ich mache gute Geschäffte? Ein reicher Mann glaubt, jeder macht gute Geschäffte.
— Wer hat Ihnen gesagt, dass ich ein reicher Mann bin? — sagt Phöbus.
— Wer soll mir das sagen? Das braucht man mir nicht zu erzählen. Die ganze Welt weiß, dass die Unterschrift Böhlaugs Geld wert ist.
— Die Welt lügt! – schreit Böhlaug, und seine Stimme springt in eine hohe Tonlage. Er schrei, als hätte ihn «die Welt» eines großen Verbrechens besichtigt*.
ablehnen – отказываться;
empörung – возмущаться;
besichtigen – обвинять.